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Push System und Pull System im Produktionsmanagement

Push System und Pull System im Produktionsmanagement

Push Systeme und Pull Systeme sind Strategien des Supply Chain Managements, die je nach Nachfrageungewissheit für ein Produkt eingesetzt werden. Wenngleich Push und Pull sehr unterschiedliche Methoden sind, wenden viele Unternehmen dennoch eine hybride Push-Pull-Strategie an.

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Was ist ein Push System?

Ein Push System in der Produktion bedeutet, dass ein Unternehmen seine Waren gemäß einer Nachfrageprognose fertigt. Dies wird auch Lagerfertigung genannt und oft bei Gütern eingesetzt, bei denen die Wahrscheinlichkeit von unvorhergesehenen Nachfrageschwankungen gering ist, wie etwa bei Lebensmitteln, Arzneimitteln, Haushaltschemikalien, Elektronikgeräten usw.

Ein Push System beginnt die Produktion demnach, um die zukünftige Nachfrage zu antizipieren, welche basierend auf historischen Daten geschätzt wurde. In diesem Lieferkettensystem werden Güter durch die Supply Chain „gedrückt“, wobei die Nachfrageprognose die Produktion auslöst und die fertigen Güter an Einzelhändler oder Verteiler verschickt werden, die sie dann vermarkten und verkaufen.

Ein gutes Beispiel für ein Push System wäre eine Bäckerei, in der die Entscheidung darüber, welche Waren in welchen Mengen gebacken werden sollen, basierend auf der erwarteten Verkaufsmenge erfolgt. Da Kunden nach ihrer Bestellung normalerweise nicht erst eine Stunde lang warten möchten, bis sie ihr morgendliches Hörnchen bekokmmen, wird ein Push System angewendet.

Was ist ein Pull System?

Das Pull System ist eine Strategie der schlanken Produktion, bei der Güter basierend auf der tatsächlichen Nachfrage anstatt auf Prognosen hergestellt werden. Bei diesem System führen Unternehmen nur so viel Bestand und produzieren nur so viel wie nötig ist, um bestehende Kundenaufträge zu decken.

In einem Pull System werden Güter demnach durch die Supply Chain „gezogen“, wobei ein Kundenauftrag eine Reihe an Ereignissen auslöst, durch die die erofordrliche Gütermenge hergestellt und die bei der Fertigung dieser Güter verwendeten Rohmaterialien wieder aufgefüllt werden.

Ein gutes Beispiel für ein Pull System wäre die Just-in-Time Fertigung. Der Kerngedanke von JIT ist, den Prozess so zu planen, dass die Materialien genau dann in der Einrichtung eintreffen, wenn die Produktion beginnen soll. Die Produktion wird daraufhin wiederum so geplant, dass die Güter genau dann fertig sind, wenn sie an den Kunden geschickt werden sollen.

Ein weiterer beliebter Ansatz für Pull Systeme ist Kanban. Kanbans sind visuelle Hinweise, die Produktion und Bestandsbewegungen auslösen. Wenn beispielsweise ein einzelner Artikel ein Kanban hat und das Ende der Lieferkette erreicht (also den Kunden), wird das Kanban zurück an den Anfang der Lieferkette geschickt und ein neuer Produktionszyklus ausgelöst. Ein weiterer simpler Ansatz für Kanban ist das Zwei-Behälter-System, bei dem zwei „Behälter“ eines Produkts am Verbrauchs- oder Verkaufspunkt geführt werden. Wird einer dieser Behälter leer, wird er zurückgeschickt als Signal, um eine neue Produktion auszulösen, die den Behälter wieder füllen kann.

Push System und Pull System

Der Hauptunterschied zwischen Push und Pull Systemen ist, dass bei einem Push System die Produktion vorgibt, wie viele Einheiten des Produkts auf den Markt kommen, während bei einem Pull System die aktuelle Nachfrage vorgibt, wie viel produziert werden soll. Dieser Schlüsselfaktor, der Aktivitäten in der Lieferkette auslöst, führt zu einer großen Bandbreite an Unterschieden zwischen den beiden Systemen.

Bestand an halbfertigen Erzeugnissen

Eines der wichtigsten Dinge, die Push Systeme und Pull Systeme unterscheidet, ist die Menge an Bestand von halbfertigen Erzeugnissen, die erlaubt ist. In einem Push System gibt es keine bestimmte Grenze für diesen Bestand, weil keine Signale zurück zur Fertigung geschickt werden. In einem Pull System reguliert hingegen das System selbst die Menge an Umlaufbestand.

Genauer gesagt ist das Bestandslimit an unfertigen Erzeugnissen erreicht, wenn es keine Produkte gibt, die verkauft oder verbraucht werden können, sprich es kein Signal gibt, das eine Auffüllung auslösen würde. Das bedeutet, dass mindestens eine Produkteinheit im halbfertigen Bestand fertiggestellt und verkauft werden muss, bevor es ein weiteres Auffüllungssignal geben kann.

Bestandskosten

Da sich das Push System auf Prognosen verlässt, um das Produktionsvolumen zu bestimmen, und Prognosen nie zu 100% genau sind, könnte das zu unverkauften Waren führen, die bestenfalls nur Bestandsmanagement-Ressourcen und Lagerraum einnehmen. Im Worst-Case-Szenario könnten diese unverkauften Waren jedoch zu totem Lagerbestand werden. Wie dem auch sei, die Bestandskosten sind höher als nötig.

Ein Pull System produziert nur so viel wie der Kunde bestellt hat. Auf diese Weise wird der Bestand jederzeit minimal gehalten, da fertige Güter sofort an den Kunden geschickt, Rohmaterial bedarfsgerecht aufgefüllt und der Bestand an halbfertigen Erzeugnissen begrenzt wird. Minimierter Bestand bedeutet weniger Raum und Arbeit, die für Lagerung und Umgang mit Waren verschwendet werden, was wiederum zu geringeren Bestandskosten führen kann.

Produktverfügbarkeit

Das Ziel eines Push Systems ist, einen Servicegrad sicherzustellen, der zu jeder Zeit die Verfügbarkeit von Produkten sicherstellt. Während ein Pull System auf Kundenaufträge reagiert, werden sie in einem Push System antizipiert. Dadurch wird sichergestellt, dass Kunden ihre Ware so schnell wie möglich in der gewünschten Menge erhalten. Das ist insbesondere wichtig in Marktsektoren, in denen Leadzeiten eine wichtige Rolle bei den Entscheidungsprozessen der Kunden spielen.

Produktanpassungen

Wenn ein Unternehmen seinen Kunden Individualisierungsoptionen anbietet, könnte es davon profitieren, einige Eigenschaften eines Pull Systems in seinen Produktionsprozess zu integrieren. Falls es das nicht tut, könnte es viele verschiedene Varianten auf Lager produzieren müssen, was einerseits den Produktionsprozess kompliziert und andererseits den Bestand – und die mit ihm einhergehenden Kosten – erhöht.

Bei einem Pull System können Produzenten von kundenindividuellen Gütern ihren Bestand minimal halten. Im Falle von kundenindividueller Massenproduktion kann eine Hybrid-Version der beiden Systeme erfolgreich eingeführt werden. Ein Hersteller kann zum Beispiel die Push Strategie nutzen, um Basisprodukte ohne individuelle Anpassungen auf Lager zu fertigen, und dann am Ende des Produktionsprozesses ein Pull Element ins Spiel bringen, bei dem die finale Anpassung von einem Kundenauftrag ausgelöst wird. Dies wird Push-Pull System genannt.

Push-Pull System

Push und Pull Systeme können gemeinsam gut funktionieren und die Vorteile beider Systeme zur Geltung bringen. In diesem Fall nutzen Hersteller Nachfrageprognosen, um die Gütermenge zu bestimmen, die als Basisbestand verwendet werden soll, und außerdem Kundenaufträge als Auslöser für weitere Produktion heranzieht.

Angenommen, ein Hersteller von hochwertigem Holzmöbel weiß, dass er im Schnitt drei Tische pro Woche verkauft, es allerdings auch Wochen gibt, in denen seine Kunden sechs oder sieben Tische bestellen. Da die Produktion eines Tisches eineinhalb Arbeitstage in Anspruch nimmt, könnte er auf seine durchschnittliche Nachfrage Woche für Woche reagieren, ohne überschüssigen Bestand zu führen. Um die Nachfragespitzen zu decken, bräuchte er jedoch etwas Sicherheitsbestand. In diesem Fall erzeugt das Push System einen Überschuss an Tischen und das Pull System füllt den Sicherheitsbestand auf, wenn die Artikel verkauft werden.

Ein weiteres Beispiel für ein Push-Pull System wäre, wenn ein Hersteller Rohstoffe auf Lager führt (Push System), sie in der Fertigung aber nur einsetzt, wenn ein Auftrag eintrifft (Pull System). Gleiches gilt für den oben genannten Fall, wenn ein Unternehmen kundenindividuelle Optionen anbietet.

Push, Pull und MRP

Wenngleich man die traditionelle Materialbedarfsplanung (MPR I) als Push System betrachten kann, das gemäß des auf Prognosen basierenden Produktionsplans agiert, kann das moderne Manufacturing Ressource Planning (MRP II) auch Pull Systeme ergänzen.

Da die Datenintegrationsfähigkeit moderner Cloud-basierter Softwaresysteme eine Grundlage für das Echtzeit-Management aller Geschäftsaspekte legt, können moderne MRP-Systeme die Materialverfügbarkeit prüfen und sowohl Produktion als auch Beschaffung planan, sobald ein Kundenauftrag eintrifft. Der Verbrauch von Lagerartikeln wird ebenfalls im System reflektiert und Produktionsaktivitäten und Bestand an halbfertigen Erzeugnissen verfolgt. Die visuellen Hinweise eines Kanban-Systems werden demnach einfach nur in digitale Signale umgewandelt, wobei die Software den Informationsfluss vorgibt.

Das bedeutet, dass moderne ERP/MRP-Systeme bei Push Systemen, Pull Systemen und hybriden Push-Pull Systemen als Geschäftsmanagement-Tool verwendet werden können.

Die wichtigsten Schlüsselpunkte

  • Ein Push System (auch Lagerfertigung genannt) bedeutet, dass ein Unternehmen seine Waren basierend auf einer Nachfrageprognose produziert. Es wird häufig für die Produktion von Gütern verwendet, bei denen die Wahrscheinlichkeit von unvorhergesehenen Nachfrageschwankungen gering ist, wie bei Lebensmitteln, Arzneimitteln, Haushaltschemikalien usw.
  • Das Pull System ist eine Strategie der schlanken Produktion, bei dem Güter basierend auf der tatsächlichen Nachfrage und nicht auf Prognosen hergestellt werden. In diesem System führen Unternehmen nur so viel Bestand und produzieren nur so viel wie nötig, um auf bestehende Kundenaufträge zu reagieren.
  • Der Hauptunterschied zwischen Push und Pull Systemen ist, dass bei einem Push System die Produktion vorgibt, wie viel auf den Markt „gedrückt“ wird, während bei einem Pull System die aktuelle Nachfrage die Waren „zieht“, also vorgibt, wann und wie viel produziert werden soll.
  • Push und Pull Systeme unterscheiden sich weiterhin bei der Bestandsmenge an halbfertigen Erzeugnissen, Bestandskonsten, Produktverfügbarkeit und kundenindividueller Anpassbarkeit von Gütern.
  • Push und Pull können auch gemeinsam in einem Hybridsystem funktionieren, wenn sowohl Nachfrageprognosen als auch aktuelle Aufträge gemeinsam herangezogen werden, um die Güterbewegung an verschiedenen Punkten der Lieferkette auszulösen.
  • Selbst wenn traditionelle MRP (Materialbedarfsplanung) als Push System gesehen werden kann, lassen sich moderne MRPs (Manufacturing Ressource Planning) sowohl in Push als auch in Pull Systemen als Geschäftsmanagement-Tools einsetzen.

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Karl H Lauri
Karl H Lauri

Seit mehr als 4 Jahren arbeitet Karl bei MRPeasy mit dem Hauptziel, kleine Hersteller und Händler mit nützlichen Informationen zu versorgen. Er arbeitet gerne mit anderen Branchenspezialisten zusammen, um seine Artikel mit realen Einblicken zu ergänzen, wobei er sich besonders darauf konzentriert, das Feedback von Herstellern zu nutzen, die gerade MRP-Software implementieren. Karl hat auch mit angesehenen Publikationen im Fertigungsbereich zusammengearbeitet, darunter IndustryWeek und FoodLogistics.

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