Auftragsfertigung und Auftragsmontage Produktionsworkflows
Auftragsfertigung und Auftragsmontage sind Produktionsworkflows, die das Pull-System nutzen, bei dem die Produktion beginnt, sobald ein Auftrag eintrifft. Demnach kommen sie häufig bei Unternehmen zum Einsatz, die kundenindividuelle Produkte herstellen. In diesem Artikel betrachten wir uns ihre Unterschiede, Vor- und Nachteile und Erwägungen für das Produktionsmanagement.
Was ist Auftragsfertigung?
Die Auftragsfertigung ist eine Produktionsstrategie, bei der Güter von Null an produziert werden, sobald ein Auftrag eintrifft. Es ist ein Lieferkettenmanagementsystem mit Pull-Typ, was bedeutet, dass die Produktion immer durch die tatsächliche Nachfrage nach Gütern in Form von Kundenaufträgen ausgelöst wird. Der größte Vorteil der Auftragsfertigung ist, dass Unternehmen ihre Güter genau nach Kundenspezifikationen und bestellten Mengen fertigen können, was den Bestand gering hält und die Nachfrageplanung vereinfacht.
Der Auftragsfertigung steht demnach die Lagerfertigung gegenüber, eine Produktionsstrategie mit Push-System, bei der Güter basierend auf Nachfrageprognosen produziert werden. Im Gegensatz zur Lagerfertigung sind die Bestellmengen in der Auftragsfertigung häufig viel kleiner und reichen nur von einem bis zu einigen wenigen Produkten. Viele Bauteile dieser Produkte erfordern zudem Unterbaugruppen, bevor sie ihren Weg ins fertige Produkt finden. Die Stückkosten für auftragsgefertigte Güter sind deshalb normalerweise höher und die Leadzeiten länger aufgrund der individuellen Natur der Produkte. Das macht Auftragsfertiger spezialisierter und erfordert höhere Kapitalinvestitionen im Vergleich zu den meisten kleinen bis mittelgroßen Lagerfertigern, allerdings noch nicht auf dem Niveau von großen massenproduzierenden Lagerfertigern.
Was ist Auftragsmontage?
Die Auftragsmontage ist eine Produktionsstrategie bei der Produkte aus vorher fertiggestellten Unterbaugruppen montiert werden, sobald ein Auftrag eintrifft. Dieses System wird oft für Güter verwendet, die immer noch zu einem gewissen Grad kundenindividuell angepasst werden können, allerdings werden die Unterbaugruppen vor dem Auftragseingang auf Lager gefertigt. Die Auftragsmontage ist demnach eng verwandt mit der Auftragsfertigung und der Lagerfertigung. Da sie eine gewisse Individualisierbarkeit mit wettbewerbsfähigeren Preisen und kürzeren Leadzeiten als die Auftragsfertigung kombiniert, ist die Auftragsmontage in vielen Branchen beliebt.
Die Auftragsmontage erfordert normalerweise etwas weniger Kapitalinvestitionen als die Auftragsfertigung. Das liegt daran, weil der gesamte Fertigungsbetrieb und die Lieferkette nicht ständig in Habachtstellung sein müssen, ob neue Kundenaufträge eintreffen, so wie das bei Auftragsfertigern der Fall ist. Bei der Auftragsmontage können einige oder gar die meisten Unterbaugruppen und Bauteile, aus denen das Endprodukt besteht, auf Lager gefertigt werden und dort auf die Endmontage warten, bis ein Kundenauftrag eintrifft.
Erwägungen für das Produktionsmanagement
Da die Produktion durch einen eingehenden Kundenauftrag ausgelöst wird, haben Auftragsfertigung und Auftragsmontage längere Leadzeiten als Lagerfertiger. Um das auszugleichen, koordinieren sich Unternehmen mit diesen Produktionsstrategien häufig viel enger mit ihren Lieferanten. Da die Fertigungsvolumina kleiner sind, führen sie auch weniger Bauteile und Rohmaterialien auf Lager. Das macht ein sorgfältiges Lieferkettenmanagement zu einem Muss, da Beschaffungs- und Produktionssteuerung gründlich geplant werden müssen.
Während sich Unternehmen mit Lagerfertigung auf existierenden Bestand an fertigen Gütern verlassen können, um die Nachfrage schnell zu decken, führen Produzenten mit Auftragsfertigung oder Auftragsmontage oft überhaupt keinen Bestand. In ausgewählten Fällen könnte lediglich ein bescheidener Sicherheitsbestand geführt werden, zum Beispiel, um auf plötzliche Nachfrageanstiege für beliebtere SKUs reagieren zu können. Auftragsfertigung und Auftragsmontage sind ausgezeichnete Optionen, wenn fertige Güter unterschiedliche kundendefinierte Konfigurierungen haben oder Bauteile und Rohstoffe stark aufgespaltet sind und nur für bestimmte SKUs, in bestimmten Mengen oder pro Einzelkunde eingesetzt werden.
Der Trade-off zwischen Auftragsfertigung und Auftragsmontage war traditionell kürzere Leadzeiten im Vergleich zu einem höheren Individualisierungsgrad. In Anbetracht des wachsenden Kundenwunschs nach höherem Individualisierungsgrad und kürzeren Leadzeiten auf vielen Märkten, entscheiden sich einige Produzenten für ein Hybridmodell. Das ist möglich dank moderner neuer Produktionstechnologien, die die Individualisierung beschleunigen, wie etwa großtechnische 3D-Drucke und Robotertechnik, strategisch geplante Entkopplungskpunkte in der Produktionslinie usw. Es ist wahrscheinlich, dass in naher Zukunft mehr und mehr Branchen einen Anstieg dieser Hybridmodelle verzeichnen.
Video-Tutorial über die Verwaltung der Auftragsfertigung mit MRPeasy:
Mit Auftragsfertigung und Auftragsmontage verbundene Märkte
Die meisten Unternehmen mit Auftragsfertigung gehören zur Montagebranche und sind beispielsweise im Baugewerbe tätig oder produzieren Industrieausrüstung und -maschinen. Zusammen mit ihrem engen Verwandten, der Auftragsentwicklung, ist die Auftragsfertigung auch die bevorzugte Lösung für die Produktion von hochspezialisierten, individuell gestalteten oder entwickelten Gütern, die normalerweise pro Einheit oder in wenigen Einheiten von Null an hergestellt werden. Das ist häufig der Fall bei Produzenten von High-Tech-Geräten, Industriemaschinen, Wasser- und Luftfahrzeugen und in anderen ähnlichen Branchen.
Die Auftragsmontage hingegen ist am gängigsten bei Unternehmen, die ein Basisprodukt herstellen, das sich in bescheidenerem Umfang kundenindividuell anpassen lässt. Gute Beispiele wären die Automobilbranche oder Hersteller von PCs, Laptops und Servern. Bei letzterem haben Kunden die Wahl aus vielen verschiedenen Bauteilen für ein Basisprodukt, wenn sie ihre Bestellung aufgeben. Computer haben ein großes Spektrum an unterschiedlichen Modulen, Kühlungslösungen, Energieversorgungseinheiten usw., während Hauptplatine und Gehäuse in allen Instanzen gleich sind. Die bestimmten Module können im Lager geführt werden und dort auf die Endmontage warten, nachdem der Auftrag mit den Spezifikationen des Kunden bestätigt wurde.
Vor- und Nachteile von Auftragsfertigung und Auftragsmontage
Zu den wichtigsten Vorteilen von Auftragsfertigung und Auftragsmontage zählen:
- Mehr Individualisierung – Bei Auftragsfertigung und Auftragsmontage werden Aufträge genau gemäß Kundenanforderungen und -wünschen ausgeführt. Die Erfüllung von bestimmten Kundenbedürfnissen ist oft der größte Mehrwert, den Auftragsfertiger und -monteure liefern können.
- Erhöhte Effizienz – Da die Produktion in der Auftragsfertigung und der Auftragsmontage optimiert ist, die Nachfrage so präzise wie möglich zu decken, werden alle Prozesse, die Kunden keinen Mehrwert liefern, normalerweise ausgesondert. Auftragsfertigung und Auftragsmontage fokussieren sich auf maximale Effizienz durch präzise Produktionssteuerung und einen optimierten Arbeitsprozess, um Leadzeiten und Stückkosten gering zu halten.
- Weniger Verschwendung – In der Produktion geht es bei der Verringerung von Verschwendung um mehr als nur Ausschuss zu recyceln. Zu Verschwendung zählen schließlich auch verlorene Zeit, Ressourcen und Gelegenheiten. Auftragsfertigung und -montage priorisieren die Minimierung von Verschwendung, indem sie unnötige Prozesse, Unterbrechungen, Kosten von dauerndem Bestand usw. ausmerzen.
Zu den wichtigsten Nachteile von Auftragsfertigung und Auftragsmontage zählen:
- Längere Leadzeiten, höhere Kosten – Das ist zwar nicht immer der Fall, doch in der Regel führen Lagerfertiger Bestände mit fertigen Gütern, während Auftragsfertiger oder -monteure erst dann produzieren, wenn ein Auftrag eintrifft. Das bedeutet unvermeidlich, dass die Lieferzeiten für Kundenbestellungen länger sind. Individuell gefertigte Produkte sind außerdem teurer als lagergefertigte, da Degressionsgewinne und andere Produktionsoptimierungen nicht greifen.
- Komplexität der Lieferkette – Die Leadzeiten von auftragsgefertigten Produkten werden oft nicht nur wegen kundenindividuellen Spezifikationen in der Fertigung in die Länge gezogen, sondern auch wegen des komplexen Beschaffungsprozesses. Rohmaterialbestände werden meist minimal gehalten und Bauteile könnten aufgespalten oder selbst von Subunternehmen auftragsgefertigt werden. Um das effektiv anzugehen, brauchen Auftragsfertigung und Auftragsmontage Manager, die die Lieferkette gründlich verstehen und kontrollieren können.
- Unregelmäßige Verkäufe – Während sich Lagerfertiger normalerweise auf Nachfrageprognosen verlassen, um ihre Produktionsvolumina zu bestimmen, ist die Nachfrage nach individuellen Produkten oft schwerer vorherzusehen und zu planen. Sollte ein Auftragsfertiger oder -monteur außerdem auf eine bestimmte Auslastung spezialisiert sein, könnten plötzliche oder gar erwartete Nachfragespitzen (wie während der Weihnachtszeit oder vor anstehenden Olympischen Spielen) schwer zu erfüllen zu sein, da die Produktion nicht auf Massenfertigung optimiert ist.
Die wichtigsten Schlüsselpunkte
- Auftragsfertigung und Auftragsmontage sind Produktionsstrategien, die ein Lieferkettenmanagement mit Pull-System nutzen, bei dem die Produktion gemäß der tatsächlichen Güternachfrage eingeleitet wird.
- Bei der Auftragsfertigung werden Produkte von Null an an die bestimmten Anforderungen des Kunden angepasst.
- Bei der Auftragsmontage werden Produkte aus vorher fertiggestellten Unterbaugruppen montiert, sobald ein Auftrag eintrifft.
- Die meisten Auftragsfertiger und -monteure lassen sich in der Montagebranche finden, in der Produktindividualisierung eine große Rolle spielt.
- Im Vergleich zur Lagerfertigung sind die Leadzeiten bei Auftragsmontage und Auftragsfertigung oft länger, die Stückkosten höher und die Bestellmengen kleiner.
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