Diskrete Fertigung vs. Prozessfertigung
Bei der diskreten Fertigung werden einzelne Produkte gefertigt, die entlang einer Produktionslinie montiert werden müssen, wohingegen die Prozessfertigung Güter massenhaft fertigt und Rohstoffe während des Fertigungsprozesses vermischt werden. In diesem Artikel betrachten wir uns wichtige Unterschiede zwischen diesen beiden Fertigungsarten sowie einige Beispiele.
Was ist diskrete Fertigung?
Die diskrete Fertigung zeichnet sich durch die Produktion von Gütern aus, die aus vielen Einzelteilen bestehen, deren Gesamtanzahl manchmal bis in die Zehntausende steigen kann (Autos, Landwirtschafts- oder Militärgeräte, Server usw.). Das bedeutet, dass der Prozess eine Montage erfordert, die normalerweise in vielen Phasen und an unterschiedlichen Arbeitsstationen erfolgt. Ein Smartphone besteht beispielsweise aus einer Vielzahl an Einzelbauteilen – dem LED-Display, dem Motherboard, der Kamera usw. – die separat zusammengebaut werden, um schließlich in der letzten Montagephase das fertige Produkt zu ergeben.
Um den oft hoch-komplexen Fertigungsprozess im Griff zu behalten, verlässt sich die diskrete Fertigung auf Stücklisten, die alle einzelnen Teile, aus denen das Produkt besteht, auflistet. Manchmal führen Stücklisten sogar Fixierelemente wie Bolzen und Muttern an. Die Bauteile und Unterbaugruppen, aus denen das Endprodukt besteht, müssen zudem oftmals vorher selbst erst montiert werden. In diesen Fällen werden mehrstufige Stücklisten eingesetzt (und falls das Produkt konfigurierbar ist, Matrix-Stücklisten), um die Komplexität unter Kontrolle zu halten. Für diese Art Fertigungsprozess ist ein leistungsstarkes MRP/ERP-System unverzichtbar.
Die Produktion von Einheiten in der diskreten Fertigung geschieht üblicherweise an vielen verschiedenen Arbeitsstationen, die entweder unabhängig voneinander oder sequenziell arbeiten können. Das macht die Verfolgung des Routings der Produktionstätigkeiten zu einem weiteren entscheidenden Attribut der diskreten Fertigung. Bei unserem Smartphone-Beispiel wäre es möglich, das LCD-Display und das Energieversorgungssystem getrennt zu produzieren, doch ihr Einbau ins Motherboard würde sequenzielles Routing erfordern. Hier ist wiederum ein fähiges MRP-System nötig, um sicherzustellen, dass die Produktion und die Montage des Produkts in der richtigen Reihenfolge erfolgen und alle Teile enge Toleranzgrenzen einhalten, damit sie perfekt zusammenpassen.
Was ist die Prozessfertigung?
Bei der Prozessfertigung werden Rohstoffe oder Inhaltsstoffe in einem „Prozess“ vermischt, gekocht, vermengt oder anderweitig kombiniert, um so ein bestimmtes Erzeugnisvolumen zu erhalten anstatt einzelne Produkteinheiten. Demnach erfolgt die Prozessfertigung größtenteils in Massenmengen. Während sich die diskrete Fertigung auf Stücklisten verlässt, nutzt die Prozessfertigung Rezepte oder Formeln, um die Bestandteile des Produkts zu bestimmen. Hier ist es ebenfalls wichtig, dass das Produktionsplanungssystem eines Unternehmens die technischen Möglichkeiten hat, Skalierbarkeit, Prozessinspektionen, Prozessmethoden usw. zu gewährleisten. Falls die Formel oder das Rezept eines Produkts skalierbar ist, was in der Prozessfertigung oft der Fall ist, können Chargen unterschiedlicher Größen normalerweise mit derselben Formel produziert werden.
Wenn eine Fabrik beispielsweise Cupcakes produziert, würde es Sinn ergeben, die Glasur für eine Charge mit ähnlichem Geschmack gleichzeitig zu produzieren, anstatt die Zutaten für jeden Cupcake einzeln zu mischen. Falls der Bestand nur genügend Zutaten für eine halbe Charge hat, lassen sich die Formeln leicht nach unten skalieren, um die halbe Menge an Glasur zu fertigen, anstatt die Produktion komplett unterbrechen zu müssen. Das ist ein Unterschied zur diskreten Fertigung, wo es beispielsweise nicht möglich ist, ein halbes Motherboard zu fertigen, wenn nur die Hälfte der benötigten Kondensatoren auf Lager ist.
Im Gegensatz zur diskreten Fertigung lassen sich bei der Prozessfertigung die einzelnen Bestandteile eines Produkts nach der Verarbeitung nicht leicht erkennen. Während sich diskret gefertigte Produkte oft bis auf ihre Originalbauteile demontieren lassen, ist dies bei Produkten mit vermischten Komponenten nicht möglich .Es ist zum Beispiel unmöglich, Schieferöl wieder in Kohle umzuwandeln oder Schlagsahne wieder in Milch.
Diskrete Fertigung vs. Prozessfertigung kurz zusammengefasst
Diskret gefertigte Produkte zeichnen sich durch folgendes aus: |
Standardteile und -komponenten |
Einzelne Produkte, Montage ist umkehrbar |
Maßeinheit: Individuelle Bauteile |
Stücklisten |
Montage und Routing |
Artikel der Prozessfertigung haben unterschiedliche Eigenschaften: |
Variable Inhaltsstoffe |
Produktchargen, Montage nicht umkehrbar |
Maßeinheit: Volumengewicht, Chargen |
Rezepte und Formeln |
Mischen und Vermengen |
Diskrete Fertiger erzeugen fertige Produkte wie Autos und Smartphones. Diese bestehen aus Teilen, die mit Schrauben, Muttern oder anderen Befestigungsmitteln zusammengebaut werden, und sich im Nachhinein größtenteils wieder demontieren lassen. Prozessfertiger hingegen fertigen Güter, die sich nicht auf ihre Einzelteile herunterbrechen lassen, wie etwa Farbe oder Cupcakes. Diese Güterarten bestehen aus Inhaltsstoffen, die während eines unumkehrbaren „Prozesses“ zusammengemischt werden. Während die diskrete Fertigung Stücklisten verwendet, um die Bestandteile von Produkten zu bestimmen, verlässt sich die Prozessfertigung auf Formeln oder Rezepte.
Diskrete Fertigung vs. Prozessfertigung: Marktanforderungen
Es ist wichtig zu erwähnen, dass zwar sowohl die Prozessfertigung als auch die diskrete Fertigung entweder die Lagerfertigung oder die Auftragsfertigung vorziehen können, sich erstere jedoch eher für Prozessfertiger eignet und letztere eher bei diskreten Fertigern anzutreffen ist. Die Eigenschaften der in der Prozessfertigung und massenhaft hergestellten Güter lassen sich allgemein nicht ändern, sobald die Produktion begonnen hat. Andererseits tendiert die diskrete Fertigung eher zur Auftragsfertigung (sowie zur Auftragsentwicklung und zur Auftragskonfiguration), weil ihre Märkte häufig kundenindividuelle Anpassungsmöglichkeiten vorziehen. Das ist insbesondere bei hoch-komplexen auftragsentwickelten Produkten der Fall, bei denen Produzenten die Flexibilität haben müssen, basierend auf Kundenkommunikation stets Anpassungen an ihren Arbeitsaufträgen vornehmen zu können, sodass das fertige Produkt die Branchenanforderungen und -vorschriften erfüllt.
Die diskrete Fertigung steht häufig mit vertikalen Märkten im Zusammenhang, wie zum Beispiel: Maschinenbau – Haushaltsgeräte, Maschinenwerkzeuge, landwirtschaftliche Geräte, Uhren usw.; Elektronik – Computer, Fernseher, Smartphones, Tablets usw.; Verteidigung und Luftfahrt – Kampfjets, Panzer, U-Boote, Drohnen usw.; Hightech – Industrieroboter, industrielle Telekommunikationsarrays usw.; Automobil und Transport – Autos, LKWs, Busse, Wasserfahrzeuge usw.
Unternehmen mit Prozessfertigung sind häufig auf folgenden Märkten anzutreffen: Essen und Getränke, Lebensmittelverarbeitung, Farbe und Beschichtungen, Reifen, Stahl, Aluminium- und andere Metallfertigung, Halbleiterproduktion, Kosmetik und Arzneimittel, Textilien, Kunststoffe, Petrochemikalien usw.
Die wichtigsten Schlüsselpunkte
- Diskrete Fertigung und Prozessfertigung beschreiben, auf welche Weise Güter produziert werden sowie die Art des Produktionsprozesses, den ein Unternehmen eingerichtet hat.
- Diskrete Fertiger produzieren einzelne Artikel, die aus vielen verschiedenen Bauteilen bestehen und montiert werden müssen.
- Prozessfertiger produzieren Güter in Masse aus Inhaltsstoffen, die in einem (chemischen) Prozess vermischt, gekocht oder anderweitig kombiniert werden müssen.
- Diskret gefertigte Güter können größtenteils wieder demontiert werden, während dies bei prozessgefertigten Gütern nicht möglich ist.
- Die diskrete Fertigung nutzt Stücklisten und Routing, um die Inhalte und die Montagereihenfolge von Produkten zu bestimmen, während sich die Prozessfertigung auf Formeln und Rezepte verlässt.
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