Bestandskosten – Ein kurzer Überblick
Die Bestandskosten sind ein wesentlicher Teil der Gesamtkosten eines jeden Herstellungs- oder Vertriebsunternehmens. Um Ihr Unternehmen bei guter finanzieller Gesundheit zu halten, ist es nötig, diese Kosten zu verstehen und Sie im Gleichgewicht zu halten.
Was sind Bestandskosten?
Bestandskosten sind alle Kosten, die durch Beschaffung, Lagerung und Verwaltung von Bestand entstehen.
In Unternehmen, die ihre Produkte entweder selbst herstellen oder einfach nur verkaufen, sind die Bestandskosten stets ein beachtlicher Posten in der Bilanz. Laut „Quantitative Analysis for Management” von Barry Render, Ralph Stair und Michael Hanna kann der Bestand bis zu 50% des investierten Kapitals eines Unternehmens ausmachen, was ihn zu einem der teuersten und wichtigsten Vermögensposten macht.
Die eigentlichen Beschaffungskosten des Bestands sind jedoch nicht die einzigen Kosten, die mit dem Bestand zusammenhängen. Sollten laufende Kosten für Arbeit, Lagerflächen, Bestandsverlust usw. ebenfalls berücksichtigt werden, fallen diese ohnehin schon hohen Kosten noch höher aus. Das ist einer der wichtigsten Gründe, warum geeignete Methoden für Bestandsmanagement und -kontrolle eingesetzt werden sollten – um den Bestand und die von ihm verursachten Kosten zu minimieren.
Bestandskostenarten
Die offensichtlichsten Bestandskosten, die Kapitalkosten, enthalten den Kaufpreis der Waren sowie alle zusätzlich anfallenden Zinsen oder weiteren Kosten, die dem Unternehmen im Falle einer Kreditaufnahme zum Bezahlen des Bestands entstehen. Andere mit dem Bestand verwandten Kosten lassen sich in drei Kategorien aufteilen: Lagerhaltungskosten, Bestellkosten und Fehlmengenkosten. Diese Kategorien können anschließend in noch weitere speziellere Kosten aufgegliedert werden.
Lagerhaltungskosten
Die Lagerhaltungskosten sind alle Kosten, die mit der direkten Lagerung des Bestands zu tun haben. Zu ihnen zählen:
- Lagerkosten. Dies sind die Kosten, die mit dem Lagerraum für Ihren Bestand zusammenhängen, wie etwa Miete, Nebenkosten und Versicherungen.
- Arbeitskosten. Diese setzen sich aus den Gehältern für Ihre Lagermitarbeiter zusammen, die Bestand empfangen, auslagern, versenden, verwalten und auditieren, sowie den Gehältern der Wartungs- und Reinigungskräfte der Bestandsräume.
- Opportunitätskosten. Diese Kosten fallen an, wenn zu viel Geld im Bestand gebunden ist, was das Unternehmen daran hindern könnte, jenes Geld in neue Opportunitäten zu investieren, wie etwa neue Mitarbeiter, Marketing, Innovationen usw.
- Abschreibung. Natürlich kann sich der Wert des Unternehmensbestands im Laufe der Zeit vermindern, was wiederum Abschreibungskosten zur Folge hat.
- Veraltung. Wenn die Waren im Bestand so lange abgeschrieben werden, bis sie keinen Wert mehr haben (z.B. wenn verderbliche Güter ablaufen), fangen sie an einen negativen Wert darzustellen, weil sie immer noch Lagerflächen einnehmen und Arbeitsaufwand für die Lagermitarbeiter bedeuten. Dies nennt sich totes Inventar , welches schnellstmöglich gefunden und entfernt werden sollte.
- Bestandsverlust. Dies sind die Kosten, die mit Diebstahl, Betrug, Schäden oder Fehlern bei der Lagerbuchhaltung im Zusammenhang stehen.
Bestellkosten
Die Bestellkosten setzen sich aus den Kosten zusammen, die bei der Zusammenstellung und Aufgabe von Kaufaufträgen entstehen, sowie Kosten für den Transport der Waren zum Unternehmen.
- Arbeitskosten, die in der Einkaufsabteilung entstehen, z.B. zur Vorbereitung von Kaufaufträgen, dem Finden von Lieferanten, Kommunikation usw.
- Transportkosten, wenn das Unternehmen die Kosten für den Warentransport tragen muss (z.B. wenn die Bestellgröße nicht ausreicht, damit der Lieferant Gratisversand anbieten kann).
Fehlmengenkosten
Fehlmengenkosten fallen an, wenn Verkaufsgelegenheiten verpasst werden und Mitarbeiter untätig sind, weil zu wenig Bestand vorliegt. Zu diesen zählen:
- Produktionsausfälle. Arbeitskosten und Fertigungsgemeinkosten sammeln sich unabhängig davon weiter an, ob gearbeitet wird oder nicht.
- Sonderfahrten. Lieferanten könnten für zeitkritischere Lieferungen mehr verlangen als vertraglich festgelegt ist.
- Verlust der Kundentreue. Wenn Kundenaufträge nicht erfüllt werden können, könnten sich Ihre Kunden an einen Ihrer Konkurrenten wenden, was Sie wertvolle Geschäfte kostet.
Wie können Sie die Bestandskosten reduzieren?
Wenngleich der Bestand immer einer der teuersten Aspekte der Unternehmenskosten sein wird, gibt es einige Möglichkeiten, diese Kosten minimal zu halten. Hierfür sollte nur so viel oder so wenig Bestand gehalten werden, wie für einen bestimmten Zeitpunkt tatsächlich gebraucht wird. Das bedeutet, dass der Bestand sehr optimiert und eine Bestandsmanagementsoftware implementiert sein muss.
Die zwei grundlegenden Fragen der Bestandsoptimierung lauten:
- Wann muss bestellt werden?
- Wie viel muss bestellt werden?
Die Antworten auf diese Fragen erfordern immer einen Kompromiss zwischen einigen der oben erwähnten Bestandskosten zu finden. „Wann muss bestellt werden?“ muss Lagerhaltungskosten und Fehlmengenkosten abwägen; „Wie viel muss bestellt werden?“ muss einen Mittelweg finden aus Lagerhaltungskosten und Bestellkosten. Hier sind einige der besten Verfahren, mit denen Sie Ihre Bestandskosten ins Gleichgewicht bringen können:
Verfolgen Sie Ihren Bestand
Bestandsverfolgung bedeutet, die Bewegung von Waren im Unternehmen aufzuzeichnen und zu überwachen. Wenn Sie jeden Artikel verfolgen, erhalten Sie einen guten Überblick darüber, wie viel Bestand Sie aktuell verfügbar haben, wo sich bestimmte SKUs gerade befinden sowie welche Produkte sich gut verkaufen und welche bloß ungenutzt Lagerflächen einnehmen. Sie können weiterhin Abschreibungen, Verfall und Veraltung von Waren verhindern.
Lesen Sie mehr über Bestandsverfolgung.
Wechseln Sie von Tabellen zu einer ERP/MRP-Software
Tabellen für die Bestandsverwaltung sind nur dann sinnvoll, wenn Sie Ihr Unternehmen frisch gestartet haben oder Ihr Bestand sehr klein ist. Falls Ihr Unternehmen jedoch schon ernsthaft läuft, ist es höchste Zeit zu einer ERP/MRP Software zu wechseln. Diese Systeme automatisieren einen Großteil der Kommunikation und der Dateneintragungen im gesamten Unternehmen, verringern menschliche Fehler und sammeln gewaltige Datenmengen, mit denen Sie bessere Entscheidungen über Ihren Bestand fällen können.
Nutzen Sie Daten für präzise Prognosen
Die von einem ERP-System gesammelten Daten lassen Sie präzise Prognosen darüber aufstellen, wie viele Waren Sie in einem bestimmten Zeitraum brauchen, um die erwartete Nachfrage zu decken. Jederzeit zu wissen, wie viel Sie bestellen müssen, hilft Ihnen Fehlmengen und Überbestand zu vermeiden, da Sie Ihren Bestand zwar minimal halten, aber dennoch all Ihre Aufträge erfüllen können.
Legen Sie Bestellpunkt und Sicherheitsbestand fest
Der Bestellpunkt ist eine Methode zur Bestimmung der sinnvollsten Zeit zur Bestandsauffüllung. Wenn Ihr Bestandsniveau auf einen bestimmten Punkt sinkt (den Bestellpunkt), ist es Zeit, einen neuen Kaufauftrag aufzugeben.
Der Sicherheitsbestand ist hingegen ein Pufferbestand, der nur für Situationen geführt wird, in denen die Nachfrage höher ist als erwartet oder wenn sich eine Lieferung eines Lieferanten verzögert. Sollte dies auftreten, versorgt Sie dieser Puffer mit den nötigen Mitteln, Ihren Betrieb ohne Störungen fortzuführen.
Organisieren Sie Ihre Lagerräume
Ihre Lagereinrichtungen organisiert zu halten, ist eine entscheidende Voraussetzung für ein effizientes Bestandsmanagement. In einer sauber organisierten Lagerhalle können sich Mitarbeiter schnell und sicher bewegen, was effizienteres Picking ermöglicht. Sollten Bestandsartikel ordentlich gelagert sein, können Sie außerdem eine Menge Lagerflächen einsparen.
Lesen Sie mehr über Lagerhallenorganisation.
Zählen Sie Ihren Bestand regelmäßig
Inventuren helfen Ihnen, veraltete, beschädigte oder abgelaufene Güter zu finden, die irgendwie übersehen wurden. Sie können dadurch außerdem Diebstahl und Betrug aufdecken und Buchhaltungsfehler identifizieren. Aufgrund dessen ist es wichtig, Inventuren unabhängig davon durchzurühren, ob Sie ein ERP-System verwenden oder nicht. Um die Arbeit in Ihrem gesamten Unternehmen nicht durch häufige physische Inventuren zu beeinträchtigen, könnten Sie sich möglicherweise für Zykluszählungen entscheiden.
Nutzen Sie Bestandskontrolltechniken
Bestandskontrolltechniken wie Just-in-Time oder die optimale Bestellmenge lassen Sie Ihre Bestellpraktiken überprüfen und die mit dem Bestand zusammenhängenden Kosten minimal halten.
Just-in-Time
Bestandskontrolltechniken wie Just-in-Time oder die optimale Bestellmenge lassen Sie Ihre Bestellpraktiken überprüfen und die mit dem Bestand zusammenhängenden Kosten minimal halten.
Optimale Bestellmenge
Die optimale Bestellmenge ist eine Bestandskontrolltechnik, bei der ein Unternehmen die idealen Warenmengen bestimmt, die eine einzelne Bestellung umfassen soll. So sollen einerseits ausreichende Bestandsniveaus sichergestellt und andererseits die Beschaffungs-, Empfangs- und Lagerkosten minimiert werden. Die optimale Bestellmenge funktioniert jedoch nur, wenn keine Nachfrageschwankungen auftreten.
Nutzen Sie Barcodes
Barcodes und Barcode-Scanner zur Verfolgung von Bestandsbewegungen können die Zeit für Dateneintragungen drastisch reduzieren. Sie helfen außerdem, das Risiko menschlicher Fehler zu minimieren und schnelle und genau Buchführung sicherzustellen. All diese Aspekte senken kombiniert die Bestandskosten, die mit kaufmännischen Tätigkeiten zusammenhängen und leicht automatisiert werden können.
Lesen Sie mehr über Barcode-Bestandssysteme.
Die wichtigsten Schlüsselpunkte
- Die Bestandskosten sind alle Kosten, die durch Beschaffung, Lagerung und Verwaltung von Bestand anfallen.
- Allein das Geld, das Sie direkt für Ihren Bestand ausgeben, kann bereits bis zu 50% der Gesamtinvestitionen Ihres Unternehmens betragen; es gibt allerdings noch weitere Kosten, die Sie verfolgen und ins Gleichgewicht bringen müssen.
- Die Lagerhaltungskosten setzen sich aus den Lagerkosten, Arbeitskosten für Lagermitarbeiter, Opportunitätskosten sowie Kosten im Zusammenhang mit Abschreibung, Veraltung und Bestandsverlust zusammen.
- Zu den Bestellkosten zählen Kosten, die mit dem Transport von Waren zu Ihrem Unternehmen zusammenhängen, sowie alle Kosten von Aktivitäten der Einkaufsabteilung, wie etwa Lieferantensuchen und die Aufgabe von Bestellungen.
- Fehlmengenkosten entstehen, wenn Mitarbeiter in Ihren Einrichtungen untätig sind, Sonderfahrten anfallen und geschäftliche Gelegenheiten verlorengehen, weil Sie Aufträge nicht erfüllen können. Dies führt letztlich zu einem Verlust der Kundentreue und Imageschäden für das Unternehmen.
- Das Ziel der Bestandsoptimierung lautet, ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Bestandskosten zu finden.
- Einige der besten Methoden, Ihre Bestandskosten zu optimieren, sind den Bestand zu verfolgen (vorzugsweise mit einem ERP-System, das Barcodes unterstützt), Daten zur Erstellung präziser Nachfrageprognosen heranzuziehen, mathematisch definierte Bestellpunkte und Sicherheitsbestände zu nutzen, Ihre Lagerräume physisch zu organisieren, regelmäßige Inventuren durchzuführen und Bestandskontrolltechniken wie Just-in-Time oder die optimale Bestellmenge anzuwenden.
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